Vom Sechzehner aufs Grün: Der Fairway zwischen Fußball und Golf
Die ÖFB-Stars zwischen Strafraum und Abschlag – warum der Golfsport für sie der ideale Ausgleich ist und die gemeinsame Leidenschaft nicht nur Freude bringt, sondern auch den Teamgeist stärkt.
In der Spielanalyse könnten Golf und Fußball kaum unterschiedlicher sein. Golf ist von Natur aus ruhig und präzise, Fußball hingegen schnell und intensiv. Was auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheint, birgt bei genauerem Hinsehen jedoch wertvolle Eigenschaften, die eine perfekte Ergänzung darstellen. Für Teile des ÖFB-Nationalteams hat sich Golf daher als idealer Ausgleich zum Profifußball etabliert, und immer mehr Spieler entdecken den Golfsport für sich.
Auf Einladung von ÖGV-Sportdirektor Niki Zitny hatten die Teamspieler und ihre Betreuer Mitte November die Gelegenheit, das Performance & Competence Center des Österreichischen Golf-Verbands (ÖGV) in Oberwaltersdorf zu nutzen. Das modernste Golf-Zentrum Europas bot ihnen die Möglichkeit, sich intensiv mit ihrer zweiten Leidenschaft auseinanderzusetzen. Mit von der Partie war auch Österreichs erfolgreichster Profigolfer, Bernd Wiesberger.
Der Alltag der ÖFB-Teamspieler ist geprägt von intensiven Trainingseinheiten, Höchstleistungen und mentaler Belastung im Wettkampf – sowohl auf Vereins- als auch auf Nationalebene. Umso wichtiger ist es, in der Freizeit die richtige Balance zum fordernden Berufsleben zu finden.
Hier kommt die Attraktivität des Golfsports ins Spiel, der für viele Teamspieler inzwischen weit mehr als nur ein sportlicher Ausgleich oder eine Freizeitbeschäftigung ist. „Fußball ist oft stressig, der Golfsport dagegen sehr entspannt. Für mich persönlich ist er neben Fußball die größte Leidenschaft“, sagt Michael Gregoritsch, der einräumt: „Die Familie Gregoritsch ist golfsüchtig geworden!“
Golf als gemeinsames Erlebnis
Diese Leidenschaft wirkt ansteckend. Was für einen kleinen Kreis von Teamspielern als willkommene Abwechslung begann, hat sich innerhalb des Nationalteams zu einer starken Gemeinschaft entwickelt. In den letzten Jahren schlossen sich immer mehr Spieler im Rahmen der ÖFB-Trainingslager der Golfgemeinschaft an. Mittlerweile sind es zwölf, darunter Alexander Schlager: „Wir waren mit der Nationalmannschaft in Marbella und haben gemeinsam eine Runde gespielt. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mir daraufhin einen Trainer genommen habe.“ Das war vor mehr als zweieinhalb Jahren. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Teamkameraden hinzu. „Nach und nach verfällt jeder dem Golfsport. Die Leidenschaft ist größer als das Können, aber wir haben gemeinsam riesigen Spaß. Der Schmäh rennt.“
Angeheizt wird das Golffieber durch die Begeisterung von Headcoach Ralf Rangnick und weiteren Betreuern aus dem Coaching-Staff. Kein Trainingslehrgang, keine Turniervorbereitung und kein Ruhetag vergeht mehr ohne einen gemeinsamen Ausflug auf den Golfplatz. „Wir nutzen es gerne als Ausgleich. Es ist ein wunderbarer Sport, der nicht nur den Körper, sondern auch den Geist fordert. Gerade nach den hohen Belastungen im Profifußball ist es perfekt, in der Natur abzuschalten, frische Luft zu schnappen, sich zu challengen und Spaß zu haben“, betont Co-Trainer Lars Kornetka. Noch liegen die Coaches vorne, doch Gregoritsch kündigt an: „Es dauert nicht mehr lange, bis wir die Matches gewinnen!“
Golf als perfekte Ergänzung
Neben Spaß, sportlichem Ausgleich und mentaler Entschleunigung stärkt die gemeinsame Leidenschaft auch den Teamgeist. Interne Wettkämpfe mit verschiedenen Einsätzen – von kleinen Geldbeträgen bis hin zu Aufgaben wie Abendessen servieren – sorgen für zusätzlichen Anreiz. „Wenn wir Kicker um die Ehre spielen, heißt das schon viel. Denn wenn die Ehre verletzt ist, bedeutet das mehr als Papier“, stellt Schlager klar.
Der Golfsport bringt außerdem Eigenschaften mit sich, die sich auf den Fußball übertragen lassen. „Sich immer wieder neu zu fokussieren und zwischendurch abzuschalten – das ist eine wichtige Lehre aus dem Golfsport, die man auch im Fußball anwenden kann“, erklärt Gregoritsch.
Ähnlich sieht es Christoph Baumgartner, der erst vor gut einem Jahr im Rahmen der Nationalmannschaft seine ersten Berührungspunkte mit dem kleinen weißen Ball hatte, den Golfsport mittlerweile aber nicht mehr aus seinem Alltag wegdenken kann: „Die mentale Komponente ist bei beiden Sportarten unfassbar wichtig. Golf hilft mir, den Kopf frei zu bekommen, und es macht unglaublich viel Spaß. Immer wenn es möglich ist, versuche ich auf den Golfplatz zu gehen – mindestens einmal pro Woche.“ Die Frustbewältigung wird dabei auf die Probe gestellt, was auch für den Profialltag hilfreich ist: „Golf zeigt dir offen und ehrlich, ob du es gut machst oder nicht. Wir Sportler sind extrem ehrgeizig und wollen immer besser werden. Das ist ein Learning, das man im Fußball anwenden kann.“
Eine noch kürzere Golfkarriere, die dennoch bereits Feuer gefangen hat, weist Patrick Wimmer vor: „Im März 2024 hat es beim Nationalteam angefangen. Ich bin mit auf die Runde gegangen und durfte ein paar Schläge machen. Seitdem bin ich komplett im Golffieber. Ich stehe wöchentlich zwei- bis dreimal am Platz. Meine Frau ist auch dabei. Ich glaube, es gibt nichts Besseres. Und ich kann mir viel für den Fußball mitnehmen.“
Baumgartner versetzt ins Staunen
Dank ihrer athletischen Voraussetzungen und ihres Fitnesslevels beeindrucken die Sportprofis auch die Experten. „Es ist beeindruckend, welchen Speed sie kreieren können. Ein Längenproblem haben sie keines, eher die Richtung. Der Baumi bringt mit dem Driver 160 Meilen auf den Tacho. Sein bester Schlag flog 280 Meter. Und 95 Meilen mit dem 7er-Eisen sind außergewöhnlich. Der Tour-Durchschnitt liegt bei 92. Da braucht er sich nicht zu verstecken“, lobt ÖGV-Headcoach Dominic Angkawidjaja.
Auch Golfprofi Bernd Wiesberger ließ es sich nicht nehmen, beim ÖFB-Tag im Performance & Competence Center vorbeizuschauen. „In der ÖFB-Startelf der Golfer sind einige Talente dabei. Sie wissen definitiv, wie sie mit den Schlägern umgehen müssen. Die Athletik hilft, aber vor allem stimmt die Motivation.“
„Auch Kicker, die noch nie oder nur wenig Golf gespielt haben, verstehen motorische Muster sehr schnell“, ergänzt ÖGV-Sportdirektor Niki Zitny, der den Kontakt zu Ralf Rangnick – der diesmal nicht dabei sein konnte, aber bereits einen Workshop zum Thema Teambuilding und Motivation im PCC abgehalten hat – herstellen konnte.
Insgesamt zeigt sich: Der Golfsport hat längst seine Anziehungskraft unter den ÖFB-Teamspielern entfaltet. Der Mix aus sportlicher und mentaler Herausforderung, Spaß und gemeinschaftlicher Leidenschaft macht den Golfsport zur perfekten Ergänzung – für alle!
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